LOGINEO-NRW-Produktfamilie wird größer und komplexer

Updated: März 2021

Seit langer Zeit arbeitet man in NRW an einer digitalen Plattform für die Schulen im Land. Mit der Corona-Pandemie wurde der Bedarf insbesondere an Lern- und Kommunikationstools im Distanzlernen besonders akut. In bis dahin ungewohnter Schnelligkeit wurde daher das Angebot erweitert. 

Neben der neuerdings Schulplattform genannten Basis LOGINEO NRW (E-Mail, Kalender, Dateiablage etc.) wurde im Juni das  Lernmanagementsystem LOGINEO NRW LMS auf Moodle-Grundlage veröffentlicht. Kurz nach Schuljahresbeginn folgte der LOGINEO NRW MESSENGER, der wie alle anderen Produkte der LOGINEO NRW-”Familie” auf Open Source-Software aufbaut. Noch im Mitbestimmungsprozess befindet sich eine Videokonferenzlösung, die so schnell wie möglich nachgereicht werden soll. Seit Anfang 2021 kann im LOGINEO Messenger die Videokonferenz-Funktion (Jitsi) genutzt werden. Auch die Schulen, die den Messenger bereits nutzen, müssen die Funktion aktiv freischalten.

Bei der Namensgebung für die verschiedenen Module bzw. Tools von LOGINEO NRW war das Land um Einheitlichkeit bemüht. Alle Bezeichnungen beginnen mit dem “Markennamen”, gefolgt von LMS und MESSENGER bei den beiden neueren Modulen. Wie sich in der Praxis allerdings zeigt, führt dieses bei vielen Schulen zu Verwirrung. Es wäre hilfreich, hier die Erkennbarkeit der Module durch eine stärkere Hervorhebung der sie unterscheidenden Namen zu erleichtern.

Hinzu kommt ein weiteres Problem. Wegen der gut gemeinten Absicht, die Produkte den Schulen schnell zur Verfügung zu stellen, konnte die Integration aller Werkzeuge in der Schulplattform LOGINEO NRW bisher noch nicht umgesetzt werden. Daher erfordern die drei Module jeweils eine eigene Administration.

Die jeweils eigene Nutzerverwaltung hat den Vorteil, dass die drei Module von LOGINEO NRW völlig unabhängig voneinander von Schulen genutzt werden können. Es war jedoch auch immer angedacht, dass eine integrierte Nutzung möglich ist, das heißt, eine Nutzung ohne mehrfache manuelle Logins. Dieses Single-Sign-On-Feature steht aktuell noch aus. Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte müssen gegenwärtig bis zu drei verschiedene Accounts nutzen, die Administratorinnen und Administratoren müssen mit hohem Aufwand drei Plattformen getrennt verwalten und einrichten.
Zum aktuellen Zeitpunkt sind es bei Schülerinnen und Schülern nur zwei Accounts, sie können noch nicht in die Schulplattform LOGINEO NRW eingepflegt werden. Zwar sollen die Vorbereitungen dazu bereits erfolgt sein, bisher gibt es aber keine konkreten Aussagen zur zeitlichen Umsetzung. Damit fehlt ein wesentliches Feature, die einheitliche E-Mail-Adresse für Schülerinnen und Schüler. Diese wiederum ist für die Kommunikation im LOGINEO NRW LMS von hoher Bedeutung, um z. B. Feedback zu eingereichten Aufgaben zurückzumelden.
(Einen umfassenden Überblick zum LMS aus Sicht einer Schule beschreibt ein Lehrer hier.)

Ab wann es möglich sein wird, die Benutzer in der zentralen Plattform LOGINEO NRW zu verwalten und darüber die Anmeldung am LMS und dem MESSENGER zu steuern, ist gegenwärtig noch offen.  Es bleibt zu hoffen, dass die Zusammenführung der drei Benutzerverwaltungen für die Schulen möglichst einfach verläuft und bereits erstellte Strukturen dabei erhalten bleiben. 

Für die schnelle, sich an den Gewohnheiten der Schülerinnen und Schüler orientierende Kommunikation ist der LOGINEO NRW MESSENGER gedacht, der sich inzwischen seit Ende 2020 im Rollout befindet. Er basiert ebenfalls auf Open-Source-Software (Matrix-Protokoll, Element-Client). Die Einrichtung, Anmeldung und Bedienung beim Messenger sei kompliziert, berichten Schulen, die sich damit gerade auseinandersetzen:

Sowohl der Messenger als auch das LMS sollten meiner Meinung nach vorkonfiguriert werden. Vor allem Grundschulen ersticken an der Administration.

Schulische Administratorin einer Grundschule

Ich bin mit dem ganzen Sicherheitsschlüssel-Gedöns total aufgeschmissen. Kann jetzt schon meine letzten Nachrichten auf dem Desktop nicht mehr lesen … und auf dem Smartphone werden sie gar nicht erst angezeigt. Ein Logout im Browser führte zum Re-Login, weil wohl irgendwo SSO aktiviert ist, aber die Sicherheitsschlüssel gehen dabei verloren, echt ausloggen kann ich mich irgendwie nicht mehr …

Schulischer Administrator einer Gesamtschule

Ich sag mal so, das wird nichts mit dem Messenger. Viel zu komplex. Und ich bin technisch wahrlich nicht auf den Kopf gefallen.

Schulischer Administrator einer Realschule

Gerade im Grundschulbereich ergibt sich beim MESSENGER eine zusätzliche Fragestellung. Dort findet die elektronische Kommunikation weitaus öfter direkt mit den Eltern statt. Während der Schulschließung wurden bereits häufig verschiedene externe Lösungen (SchoolFox etc.) genutzt, da viele Eltern z. B. per Mail nicht erreichbar sind. Der LOGINEO NRW MESSENGER wäre an dieser Stelle sicher eine gute Alternative, wenn die genannten Einrichtungshemmnisse beseitigt sind. Hinzu kommt, die Eltern sind bisher offiziell nicht als Nutzer im MESSENGER vorgesehen. Für dieses Problem müsste also dringend eine Lösung her, wenn die Landesprodukte erfolgreich eingesetzt werden sollen.


Fazit

Mit der LOGINEO-NRW-Familie wurde ein Start gemacht. Damit befindet sich das Land auf einem mutigen, wenn auch am Anfang noch holprigen Weg. Neben der fehlenden Integration der Schülerinnen und Schüler in die Schulplattform und der fehlenden rechtssicheren Möglichkeit zur Kommunikation mit den Eltern stehen ein kollaboratives Online-Office und ein eigener Bereich, in dem Schülerinnen und Schüler ihr Lernen organisieren, teilen und reflektieren können, also ein E-Portfolio, ganz oben auf der Wunschliste. Auch über die Entlastung der Lehrkräfte durch die Schaffung von IT-System-Admin-Stellen muss nachgedacht werden.

Warten wir ab, welche Entwicklungen es hier noch geben wird. Im Mai 2020 hatte das Ministerium die Weiterentwicklung von LOGINEO NRW ganz neu ausgeschrieben. Management, Betrieb und Hosting und die Entwicklung der Produktfamilie sollen wohl neu aufgestellt werden. Bei der Weiterentwicklung wird es dann hoffentlich weitere wichtige Funktionen für Schülerinnen und Schüler geben. Und eine gemeinsame Administration. Viele Schulen haben sich aber auch schon auf dem Markt umgesehen, denn potente und performante Arbeits- und Lernplattformen und auch sichere Messenger gibt es genug. Dann kosten sie natürlich auch eine Stange Geld. Die Landesprodukte sind für Schulen und Schulträger kostenlos.

Update-Hinweis

In einer ersten Version des Artikels vom September 2020 war die Videokonferenz-Funktion im Messenger noch nicht verfügbar. Seit Anfang 2021 ist Jitsi nun verfügbar, wir haben den Text dahingehend angepasst.

3 Kommentare

  1. Der Artikel bringt es wunderbar auf den Punkt. Gerade die KuK stöhnen unter der Flut an Accounts und Passwörtern. Die SuS haben wir nur im LMS eingebunden und mit dem Messenger warten wir noch einen Moment ab. Es gibt viele tolle Ansätze in den Produkten, wie zb auch die Einbindung von Edmond NRW und darin wiederum tutory.
    Aber es muss händelbarer werden oder die Schulen bekommen eine IT-Stelle zugewiesen.

  2. Wir nutzen das Logineo LMS an einem Berufskolleg mit knapp 3500 SchülerInnen und 120 KollegInnen. Die Ansätze und die nutzbaren Funktionen sind ein guter Grundstock, sollten aber sicherlich ausgebaut werden. Collabora-Werkzeuge, E-Portfoliolösungen und bewährte Konferenztools z.B. BBB (die seit Jahren in Moodleinstanzen genutzt werden und sich bewährt haben) sollten endlich standardmäßig implementiert werden, um den Unterricht mit Logineo besser abbilden zu können. Zentraler Schwachpunkt ist auch bei uns der Messenger: Nach der Einführung des Tools hat die Schulgemeinschaft die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Das Angebot wird trotz des unverhältnismäßig hohen Implementations- und Verwaltungsaufwand nicht angenommen.
    Die Implementierung des Systems Logineo und Verknüpfung mit der Unterrichtssntwicklungsarbeit in einem durchaus technikaffinen Kollegium erfordert einen immensen Arbeitsaufwand, die oben genannten Barrieren und Einschränkungen sollten zügig abgestellt werden, um die Konkurrenzfähigkeit zu den proprietären Systemen auszubauen und damit die Motivation zur Weiterarbeit mit dem System zu erhöhen. Denn es ist bestimmt der richtige Weg browserebasiert und unabhängig zu arbeiten.

  3. WENN die AnwenderInnen einer Software den Eindruck erhalten sollen, dass die ihnen zur Verfügung gestellte Software einfach, intuitiv, plattform-neutral / -übergreifend und ohne Brüche bei Dateiformaten und Arbeitsabläufen arbeitet,
    DANN sind im Vorfeld präzise, vollständige, widerspruchsfreie Vorgaben durch die verantwortlichen AuftraggeberInnen zu erstellen
    UND von erfahrenen, gut ausgebildeten ProgrammiererInnen / AdminstratorInnen / AnwenderInnen umzusetzen,
    UND das fertige Produkt einer angemessenen Qualitätsüberprüfung zu unterwerfen, bevor es in der Fläche ausgerollt wird.
    Wer glaubt, an einer der o.a. Stellen Geld und/oder Zeit einsparen zu können / müssen, wird im Laufe der Zeit eines Besseren belehrt.
    Aber Vorsicht: Geld allein kann weder Vorgaben erstellen, noch programmieren – genauso wenig, wie es unterrichten oder Polizeiauto fahren kann.

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