Im Zuge der aktuell stattfindenden Digitalisierung der Ausstattung der Unterrichtsräume machen sich viele Schulen bzw. Schulträger auch Gedanken darum, welche Präsentationstechnik in den Räumen verbaut werden soll. Denn so viel ist klar: ganz gleich welche Geräteklasse in den Händen der Schüler*innen und Lehrer*innen arbeitet, irgendwie müssen Möglichkeiten geschaffen werden, die Arbeitsergebnisse und weitere digitale Inhalte zu präsentieren.
Grundsätzlich kann man sich dabei für eine passive Technik ohne Interaktionsmöglichkeit durch Stift- oder Fingereingabe entscheiden (2019er Smart-TVs können neuerdings auch AirPlay 2) oder eine interaktive Präsentationsfläche. Diese IWBs, Smartboards, interaktive Touch-Displays werden in Deutschland besonders kontrovers diskutiert (hier geht’s zum großen Display-Test). Nun vergleichen wir aber zwei passive Lösungen.
Variante 1: Beamer
Auf passiver Seite ist der unter der Decke hängende Beamer die bekannteste und günstigste Lösung, die schon in der Mitte der 2000er-Jahre an einigen Schulen verbaut wurde. Diese Technik ist vergleichsweise günstig zu beschaffen und ggf. sogar in einer mobilen Variante möglich, bringt aber auch gewisse Tücken mit sich. So muss z.B. eine geeignete Präsentationsfläche vorhanden (eine glatte, weiße Fläche) und der Raum sollte sich verdunkeln lassen. Denn je nachdem wie die Sonne in den Unterrichtsraum scheint, ist vom Beamerbild recht wenig zu sehen.
Zudem kämpfen Beamer mit dem Problem, dass sie (bei Tageslichtverhältnissen) Farben sehr verwaschen darstellen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass ein Beamer kein Schwarz darstellen kann. Schwarze Flächen werden durch einen Beamer als „nicht angestrahlt“ dargestellt. Die zugrundeliegende Präsentationsfläche ist jedoch noch immer weiß. „Schwarz“ ist also bei einer Projektion immer ein „dunkel-weiß“. In einem komplett verdunkelten Raum ist dies in der Regel kein Problem – dann dürften aber die Schüler*innen bei der sonstigen Arbeit ihre Probleme bekommen.
Variante 2: Smart-TV
An dieser Stelle kann eine weitere passive Präsentationstechnik ihre Stärken ausspielen: das Display (oder das Smart-TV). Die Darstellung von schwarzen Flächen gelingt dort technisch bedingt deutlich besser, wodurch Farbkontraste deutlicher abgebildet werden können. Im Bereich „Mobilität“ muss das Display natürlich hinter dem Beamer zurückstecken. Abgesehen von sperrigen und unkomfortablen Gestellen gibt es keine Möglichkeit des einfachen Transports. Im besten Fall ist das Display mit einer VESA-Halterung fest mit der Wand verschraubt.
Test: LG 70UM7100
Unsere Schule hat eine passive Präsentationsmöglichkeit für das Lehrerzimmer gesucht. Nach etwas Recherche haben wir uns für den LG 70UM7100 entscheiden. Gekostet hat uns dieser Fernseher inkl. Lieferung schlanke 800 €. Als 70“-Gerät bietet er 178cm Diagonale, was für das Lehrerzimmer allemal reicht, aber auch für Unterrichtsräume ausreichen könnte. Alternativ kann das Display aber auch in 65“ oder 75“ bezogen werden.
Als Smart-TV bietet das Display natürlich jede Menge Features, die man im schulischen Kontext eher nicht benötigen wird: 3-fach Tuner, Aufnahmefunktion, Netflix-App, Radio-Modus usw.
Sharing is caring
Es sind aber auch Features dabei, die sich als äußerst nützlich erweisen. Besonders die integrierte Möglichkeit des Screen-Sharings ist hier zu nennen. Von allen gängigen Plattformen aus (Windows, Android, iOS) kann der Bildschirminhalt des Endgeräts ohne weitere App oder Hardware direkt auf das Display gestreamt werden. Bei iOS-Geräten kommt dabei Airplay 2 zum Einsatz, bei Windows und Android ist es Miracast.
Die Kopplung der Geräte gelingt dabei sehr einfach und vollkommen problemlos (siehe Video am Ende des Beitrags). Das Streaming der Inhalte gelingt bei allen drei Betriebssystemen mit nur kurzer Verzögerung und zügig. Einzig Vollbildvideos unter Windows haben mitunter Ruckler- und Tonhänger gehabt. Es könnte sein, dass dies am relativ schwachen WLAN gepaart mit der sehr hohen Auflösung meines Surface lag. Das Streaming vom iPad war deutlich besser (siehe Video).
Vorteile über Vorteile
Ein weiterer Vorteil des Displays gegenüber den meisten Beamern ist, dass es als Smart-TV noch viele Apps mitliefert. So kann Youtube direkt über eine App angesteuert werden. Videos, die auf einem schulischen NAS liegen oder auf USB-Stick mitgebracht werden, können direkt vom Stick abgespielt werden (auch dies habe ich im Video festgehalten).
Bild und Ton gut
Die integrierten Lautsprecher des Displays sind absolut ausreichend für große Klassenräume. Verglichen mit unseren IWBs von Promethean hat der LG einen nahezu herausragend guten Klang.
Die Helligkeit des Bildes, die Farben und Kontraste sind auch sehr gut und kein Vergleich zu einem Beamerbild bei Tageslicht – da mag der Beamer noch so gut sein. Bei direkter Sonneneinstrahlung leider natürlich auch hier die Darstellung.
Anschlüsse
Als Fernseher bietet das Gerät eine ausreichende Anzahl an HDMI-Anschlüssen (3 Stück), aber keine weiteren, marktüblichen Anschlussmöglichkeiten (USB-C, Displayport, VGA, DVI). Lediglich ein antiquarisch anmutender Komponentenanschluss ist noch mit dabei. Zudem hat das Display einen USB-Anschluss – der aber sehr schlecht zu erreichen ist, wenn das Display an der Wand montiert ist. Hier kann ggf. ein Verlängerungskabel Abhilfe schaffen.
Neben einem LAN-Anschluss ist natürlich auch WLAN mit dabei. Ehe ich mir die Mühe mache und alle technischen Spezifikationen wiedergebe, kann man sich diese direkt bei LG durchlesen.
Montage
Die Montage ist dank der integrierten VESA-Befestigungspunkte denkbar einfach. Wir haben uns für einen Speaka-Wandhalterung aus dem Hause Conrad für 45 € entschieden. Dieser liegen direkt alle benötigten Schrauben und Dübel bei – sogar eine Wasserwaage ist integriert. Eine Deckenhalterung für einen Beamer ist hier in der Regel teurer – zumal dann noch meistens Strom und HDMI-Kabel mitverlegt werden müssen (falls man doch mal ein Laptop mit Kabel anschließen will). Hinzu kommt, dass Hausmeister die Halterung oftmals nicht anbringen dürfen, weil sie hierfür auf eine Leiter klettern müssten. Bei der Montage des Displays ist dies kein Problem.
Haken: Garantiefrage
Kommen wir zum Haken der Geschichte. Bei dem beschriebenen Fernseher handelt es sich um ein Endkundengerät und NICHT um ein Businessgerät. In den Garantiebedingungen von LG heißt es dazu ganz deutlich: „Die Garantie findet keine Anwendung, wenn die Nutzung über eine haushaltübliche Nutzung hinausgeht“.
Die Verwendung in der Schule ist mit Sicherheit keine haushaltsübliche Nutzung. Es muss also befürchtet werden, dass LG im Falle eines Falles die Garantieleistung verweigert. Da Businessgeräte in dieser Größenordnung aber ungleich teurer sind (ab ca. 1500 €), nehmen wir dies in Kauf und hoffen, dass das Gerät die ersten beiden Jahre ohne Schaden übersteht – oder LG doch zu einer Garantieleistung bereit ist.
Fazit und Video
Nach den ersten Nutzungsstunden bin ich von der Geräteklasse „Smart-TV“ im schulischen Kontext sehr angetan. Man hat für vergleichsweise geringe Kosten eine hochwertige Präsentationsmöglichkeit, die durch die integrierte Sharingfunktion in vielen Kontexten sofort einsatzbereit ist. Bei den meisten Beamern muss man diese Funktionen durch Dongles wie EZCast oder Set-Top-Boxen wie AppleTV zukaufen.
Neben den Fernseher vom LG bieten auch die aktuellen Modelle von Samsung, Sony und Vizio die Möglichkeit, Inhalte via AirPlay 2 direkt zu streamen. Auf den Seiten von Apple gibt es hierzu eine aktuelle Liste, die wir hier geprüft haben.
Ich werde diesen Artikel im Sommer 2020 updaten, um einen Langzeitbericht zu ergänzen.
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